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Filu Nadelherz und der lange Nachmittag

Aktualisiert: 1. Sept.

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Filu Nadelherz war kein gewöhnlicher Bär. Er sprach wenig und wenn, dann nur mit Dingen, die andere längst vergessen hatten: einer abgebrochenen Schneiderkreide, dem leeren Nadelkissen oder dem geduldigen Maßband, das ihm jeden Tag aufs Neue versicherte: „Du bist gewachsen, aber nur im Herzen.“


Filu lebte auf einem alten Arbeitstisch, zwischen Garnrollen und kleinen Staubspuren aus Zeit. Seine langen Arme lagen meist sanft über der Tischkante, und seine Knopfaugen schimmerten im schrägen Licht, das durch die Jalousien fiel.


Jeder Nachmittag fühlte sich an wie ein Versprechen, das niemand aussprach. Doch Filu war nicht traurig. Er war ein Beobachter, ein Herzwächter.





Manchmal saß er einfach da und lauschte der Stille und manchmal hörte er darin Musik, die nur er kannte.

An einem jener besonders goldenen Nachmittage fiel eine einzelne Nadel vom Tisch. Sie landete sacht auf dem Boden, kaum ein Geräusch, aber für Filu war es ein Ruf.


„Das ist das Zeichen“, murmelte er. „Heute darf sich etwas verändern.“


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Und so wartete er. Nicht ungeduldig, sondern erwartungsvoll. Denn er wusste: Irgendwann würde jemand ihn ansehen und nicht sagen: „Ein alter Bär.“


Sondern: „Ein Herz mit Faden.“


Denn genau das war er.

Filu Nadelherz.

Genäht aus Stille, gestopft mit Trost, und zusammengenäht mit dem unsichtbaren Faden, der nur in wirklich stillen Momenten sichtbar wird.


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